Am ersten Tag unseres Washington Aufenthalts wollten wir Capitol Hill und The Mall besuchen. Da wir uns unsicher waren, wie der Stadtverkehr für uns nicht-ortskundige zu meistern wäre, wollten wir das Auto eigentlich bei einem Park&Ride in der Nähe einer der U-Bahn Linien abstellen und dann mit den öffentlichen Verkehrsmitteln weiterfahren. Aber nirgends war ein freier Parkplatz zu finden, also sind wir bis zur Union Station gefahren und haben uns dort ins Parkhaus gestellt.
Als wir aus dem Bahnhof hinaus kommen, fällt uns gleich der Nachbau der Liberty Bell auf, der vor der Union Station aufgestellt ist. Die echte hängt ja in Philadelphia nahe der Independence Hall in einem Museum – für uns ist sich eine Stippvisite beim Original ja nicht ausgegangen.
Von der Union Station sind wir erst einmal in Richtung Capitol Hill spaziert und haben in der Library of Congress, der weltweit größten Bibliothek, vobei geschaut.
Die Führung war sehr interessant, das Gebäude hat mich sehr an unsere Ringstraßenbauten in Wien erinnert. Das Innere der Library of Congress kennt man auch aus diversen Hollywood Filmen, besonders den Lesesaal. Der heutige Buchbestand geht bis auf Thomas Jefferson zurück, der nach dem Brand der Referenzbibliothek des Kapitols seine Privatbibliothek als Ersatz anbot. Das Hauptgebäude trägt deshalb auch heute noch seinen Namen.
Das wohl am erwähnenswerteste Buch aus dem Bestand der Library of Congress ist eine Gutenberg-Bibel aus dem 15. Jahrhundert.
Dieses Buch war das erste, welches mit beweglichen Metalltypen gedruckt wurde und dadurch den Buchdruck revolutionisierte.
Die große Halle beeindruckt mit ihren Marmorsäulen genauso wie mit den kunstvollen Fresken, alles wirkt sehr würdevoll. Den großen Lesesaal haben wir nicht besucht – in den eineinhalb Tagen die wir für Washington, D.C. eingeplant hatten ging sich das leider nicht aus. Grundsätzlich darf man aber schon hinein, man muss nur älter als 18 Jahre sein, einen gültigen Reisepass vorweisen und ein Anmeldeformular ausfüllen.
Nach dem Besuch der Bibliothek wollten wir um das Capitol spazieren, dabei ist uns eine Tafel aufgefallen: Gratis Besichtigungsmöglichkeit des United States Capitol.
Man muss nur Zählkarten abholen und dann zur vorgegebenen Uhrzeit wieder am Meeting Point sein. Wir haben Karten für den späten Vormittag bekommen, da bis dahin noch eine gute Stunde Zeit war, haben wir uns den Bereich vor dem Capitol Hill ein wenig angeschaut und die Sonne genossen. (1. Oktober, 30°C, Sonnenschein und kein Wölkchen zu sehen.) Die langen Hosen haben sich da als nicht unbedingt beste Kleidung erwiesen, vor allem weil es entlang der Mall fast keinen Schatten gibt.
Das Capitol ist nicht nur ein wichtiges Gebäude in der Geschichte der USA, es markiert auch den Mittelpunkt von Washington, D.C. 1793 legte George Washington den Grundstein, seit damals werden hier Gesetze entschieden und Präsidenten angelobt.
Am Platz vor dem Capitol wird schon eifrigst vorbereitet, wenige Tage nach unserem Besuch finden die Präsidentschaftswahlen statt (Obama od. McCain). Ganz Washington, D.C. ist mit Vorbereitungen beschäftigt, immerhin könnten es die ersten Wahlen sein bei denen ein schwarzer Präsidentschaftskandidat gewinnt.
Bevor wir ins Capitol hinein gelassen werden, müssen wir durch einen Sicherheitscheck. Hier muss ich sogar mein Mini-Deo, das ich im Rucksack hatte wegwerfen. Der Labello darf gerade noch durch. Meine Fototasche wird auch gründlichst inspiziert und darf dann doch mit. Also noch strengere Kontrollen als sie damals bei den Flügen durchgeführt wurden.
Wir werden an der Vorderseite des Capitols mit Kopfhörern ausgestattet, beim Warten in der Schlange (in der Gruppe sind gut 40 Personen) hat man einen phantastischen Blick auf The Mall und das Washington Monument. Die Führung durch’s Capitol dreht sich mehr oder weniger um die Zeit, in der das Capitol erbaut wurde.
Wir schauen noch im ganz alten Teil des Capitol vorbei und machen uns dann auf den Weg mit generellem Ziel Lincoln Memorial. Das Stück darf man nicht unterschätzen! Wir haben mit diversen Zwischenstops gute zwei Stunden bis zum Lincoln Memorial gebraucht. Angenehm ist, dass sich diese Grünfläche schön in Teile aufteilt – durch das Washington Monument und dem Second World War Monument ergeben sich die einzelnen Strecken.
Entlang der Mall sind Museen des Smithsonian Institute erbaut worden, heute der größte Museumskomplex weltweit. Früher waren die Sammlungen alle im Smithsonian Castle untergebracht – dort reicht der Platz für die vielen Exponate schon lange nicht mehr!
Die Sammlungen der Museen gehen auf das Testament von James Smithson zurück, der der US Regierung sein Vermögen vermachte sofern sein Neffe und dessen Erben kinderlos blieben. 1836 wurde so eine halbe Million Dollar an die Regierung übergeben, mit dem Ziel eine Einrichtung zu schaffen die sich ausschließlich der Erhaltung, Vermehrung und Verbreitung von Wissen befasst.
Nicht ganz auf der Hälfte zwischen dem Capitol und dem Washington Monument ist das Hauptgebäude des Smithsonian Institute, am Weg bis dahin sind wir an vielen Museen vorbei gegangen. Der Besuch des National Air and Space Museums hier ist erst für den nächsten Tag geplant.
Der Obelisk wurde als Denkmal für den ersten amerikanischen Präsidenten George Washington aus Spenden von Bürgern erbaut. Nach einigen Jahren Bau musste dieser jedoch unterbrochen werden und konnte erst später vollendet werden. Wenn man sich den Obelisken genau ansieht, dann sieht man noch genau die Linie bis wohin gebaut werden konnte. Schon damals gingen gern die finanziellen Mittel aus.
Dort angekommen, erkundigen wir uns ob man hinauf fahren kann. Kann man, es kostet auch nichts – aber wieder benötigt man Zählkarten. Die nächsten, die man bekommen kann wären für den nächsten Tag um die Mittagszeit. Da wir dann aber schon auf dem Weg nach Williamsburg sein wollen, verzichten wir.
Am späten Nachmittag kommen wir endlich zum Lincoln Memorial. Negativ fällt uns nur der Dreck von den vielen Graugänsen auf, die sich hier niedergelassen haben. Aber abgesehen davon der Blick ist genau so wie wir ihn aus diversen Kinofilmen kennen. Beim Memorial selbst wird auch renoviert, wir müssen also unsere müden Beine noch einen kleinen Umweg entlang schleppen um zu den Stiegen zu kommen. Der Ausblick von dort in Richtung Capitol hat aber die Anstrengungen würdig belohnt!
Erbaut wurde das Lincoln Memorial erst 1914, die in dem neoklassizistischen Tempel aufgestellte Statue war ursprünglich nur halb so groß geplant. Da sie aber etwas klein gewirkt hätte, hat man sie in der heutigen Größe fertigen lassen.
Vor dem Lincoln Memorial hielt Martin Luther King Jr. seine berühmte Rede „I have a dream“, weniger Geschichtsträchtig aber sicherlich genauso gut bekannt ist die Aussicht vom Lincoln Memorial auf das Capitol durch den Film „Forrest Gump“ mit Tom Hanks in der Hauptrolle.
Hinter der Statue von Abraham Lincoln ist ein Zitat aus Lincolns Gettysburg-Rede zu sehen. Diese Rede, die er anlässlich zur Einweihung des National Cemetery in Gettysburg im November 1863 hielt, bestärkte die Formulierung seines Demokratiegedankens: eine Regierung vom Volk und für das Volk. Heute wird sie sogar in den amerikanischen Schulen jährlich thematisiert.
Unsere nächste Station ist das Weiße Haus – für uns ein Pflichtpunkt, wenn wir schon mal hier sind wollen wir uns das natürlich nicht entgehen lassen. Auf halbem Weg vom Lincoln Memorial zum Weißen Haus überfliegt uns der Air-Force-One Helikopter. Ob der Präsident drinnen sitzt oder nicht, das konnten wir nicht erkennen. Aber das ist ja auch meistens Sinn der Sache.
Der Secret Service ist hier unübersehbar – am Weg rund um das weiße Haus sind wir sogar von einem Officer freundlich aber doch bestimmt darum gebeten worden den gegenüberliegenden Gehsteig zu nützen. Da sind die Beamten sehr streng.
Nach einer kurzen Fotopause auf der „Straßenseite“ des Weißen Hauses gehen wir weiter, mehr oder weniger auf direktem Weg zum Parkhaus zurück. Dort werden wir noch um 16 Dollar für die Parkgebühr erleichtert – das war’s uns aber auch wert, denn sonst haben wir an dem Tag nichts von den erwarteten Eintritten ausgegeben.
Nach dem langen Spaziergang tun uns die Füße schon etwas weh, wir machens uns daher im Hotel gemütlich – schließlich wird der nächste Tag auch etwas lange werden.
Am Rückweg zum Hotel probieren wir noch Pizza Hut aus, unser Fazit: die echten italienischen Pizzen sind eben doch die Besten! Noch dazu sind die Preise für eine Pizza schon recht heftig, unter 8$ tut sich da gar nix.
Morgen wollen wir dann ins National Air and Space Museum schauen. Am Abend wollen wir dann im gut 250km entfernten Williamsburg sein.